Im Interview: Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin des hvv
Wie definieren Sie Mobilität? Was bedeutet Mobilität für Sie bzw. für Ihr Unternehmen?
Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen und schafft (soziale) Freiheit im größten Ausmaß. Deshalb sollte sie sich in unsere Lebensstandards und unser Lebensgefühl positiv integrieren lassen – Teil unseres Denkens werden.
Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus (2040)?
Besser organisiert und orchestriert als heute. Vernetzung von unterschiedlichen Verkehrsträgern, die am besten on-Demand auf die individuellen Bedürfnisse reagieren können – entweder im Angebot oder im Service. Es ist alles aus einer Hand – Mobilität ist ein Fluss – wir müssen die künstlichen Dämme rausnehmen. Und zur Mobilität gehört mehr als nur sich von A nach B zu bewegen. Dazu gehört auch Städte- und Raumplanung. Stationen und Kommunikation. Optische Aufwertung und klare Vernetzung der Bedürfnisse und des Angebots.
Was ist die größte Herausforderung der Mobilitätswende und wie kann sie bewältigt werden? Worin bestehen die größten Mobilitäts-Herausforderungen für Ihre Branche?
Nachholbedarf in der Digitalisierung der Systeme und Kommunikation. Aufbrechen von Silo-Denken. Mut zu neuen Wegen. Shift vom politischem Willen hin zum unternehmerischen Denken. Ausgewogene Finanzierung – jedoch auch gezielte Ausgaben in Angebot und Service.
Welche Mobility Vorbilder oder Best Cases beeindrucken Sie gerade ganz besonders und warum? Wer ist ein Pionier oder Vorbild und warum?
Ehrlicherweise habe ich bisher kein Vorbild gefunden. Es gibt ab und zu sehr gute Ideen – aber das Gesamtkonzept fehlt.
Wo steht Ihre Branche in puncto Mobilität in 5 Jahren?
5 Jahre ist in der Branche sehr wenig Zeit. Vergaben und Infrastrukturausbau haben sehr lange Zyklen. Ich würde mich freuen, wenn wir es schaffen würden, die Branche stärker zusammen zu binden und mehr verbindliche gemeinsame Standards und Wege zu definieren. Mobilität ist übergreifend deshalb so schwer, weil sie überall anders gelebt und interpretiert wird. Legen wir das zusammen, so können wir gemeinsame Optionenräume aufzeigen, von denen alle profitieren. Wir sehen das ja beim Deutschlandticket – da kam einer und sagte, dass gibt es jetzt – ohne diesen externen Schub, hätten wir bis heute und auch in den nächsten Jahrzehnten so einen Weg kaum als Branche beschritten. Es zeigt aber auch: wir können es realisieren und umsetzen – wo ein Wille, da ein Weg. Nun müssen die nächsten Ankerprojekte aus der Branche selbst kommen.
Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren für die urbane Mobilität der Zukunft?
Sinnvolle Nutzung von Raumkonzepten und Integration in den heutigen Lifestyle. Unsere private Welt verändert sich aktuell schneller, als dass wir das Angebot daran ausrichten können. Das müssen wir ändern.
Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren für die nachhaltige Mobilität/erneuerbaren Energien der Zukunft?
Verfügbarkeit und Finanzierung. Die ganze Branche steht stärker als jede andere im Fokus der Nachhaltigkeit und kann sie in vielen Punkten schon sehr lange erfüllen. Der Rest wird auch noch umgesetzt werden – Geschwindigkeit ist hier ein grosses Asset!
Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren in Bezug auf Connectivity, Digitalisierung der Mobilität?
Wir müssen unsere Systeme neu denken und historische Entwicklungen überbrücken – oftmals hilft da nur noch ein ganz neuer Weg, auf dem alle mitgenommen werden. Man muss aber loslassen und sich trauen. Und man braucht das qualifizierte Personal dafür, welche helfen, die richtigen Parameter zu setzen.
Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren im Bereich Logistik, Güterverkehr, urbane Logistik?
Es gibt in meinen Augen keinen Unterschied zwischen Logistik und Personenmobilität. Ich habe jahrelang in beiden Branchen gearbeitet und beide Branchen leiden am Ende an den gleichen Nachholbedarfen. Waren- und Personenströme gilt es immer effizient und nachhaltig zu arrangieren – und es bedarf einer sehr kundenzentrierten Sichtweise, was am Markt wirklich benötigt wird. Heute wird oft gesagt: so, das gibt es jetzt – take it – weil Veränderung schwer und langatmig ist. Aber der Kunde braucht oftmals schon was ganz anderes, denkt viel vernetzter und übergreifender. Da besteht großer Nachholbedarf.
HEY/MOBILITY HAMBURG ist ein innovatives, inspirierendes Mobility Festival, um die Zukunft des gesamten Mobility Ecosystems zu beleuchten. Welche Erwartungen haben Sie an das Mobility Summit?
Interessante Impulse und Persönlichkeiten, die out of the box denken und reden. Vernetzung und Partnerschaften.
Was wollten Sie hinsichtlich intelligenter Mobilitätslösungen von morgen immer schon einmal loswerden? Wild Card!
Veränderung braucht Mut. Wir müssen unsere Silos verlassen und alle Mobilitätsträger gleichwertig integrieren – und JA, der PKW gehört auch zum ÖPNV – genau so wie der Bus und die Schiene. Ein Tabu? Nein – ein Gewinn, wenn man es richtig kombiniert!
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