Stephan Kramer von DEKRA im HEY/HAMBURG Interview

Stephan Kramer von DEKRA steht bei HEY/HAMBURG auf der Main Stage. Vorab haben wir ihm ein paar Fragen zur Mobilität der Zukunft gestellt:

Wie definieren Sie Mobilität? Was bedeutet Mobilität für Sie bzw. für Ihr Unternehmen? 

Zunächst wollen oder müssen Menschen oder Waren von A nach B kommen, entweder beruflich oder privat, entweder individuell oder als Gruppe, entweder lange geplant oder kurzfristig, entweder…  Diese Kette ist wahrscheinlich unendlich. Unser satzungsmäßiger Auftrag als DEKRA e.V. besteht schon seit fast 100 Jahren darin, dieses Mobilitätsbedürfnis unserer Gesellschaft für Mensch und Umwelt sicher zu machen (save+secure). 

Wie definieren Sie die Zukunft der Mobilität? Und was sind die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmen und Ihre Branche?

In der Zukunft muss Mobilität nicht nur sicher, sondern auch nachhaltig sein. Dazu verändern sich Antriebstechnologien, die auch in Zukunft über den gesamten Lebenszyklus beispielsweise eines Automobils hinsichtlich ihrer Betriebs- und Informationssicherheit global sicher sein müssen. Da stehen wir vor der Herausforderung, die verschiedenen Varianten des Datenmanagements aller Beteiligten zu begleiten und daraus für eine weltweit funktionierende periodische Fahrzeugüberwachung die richtigen Systeme abzuleiten. Wir führen heute schon jährlich über 30 Mio. Fahrzeugprüfungen in über 60 Ländern durch und sind als Partner der OEMs (Anm. d. Red. Original Equipment Manufacturer) intensiv in die sich verändernde Mobilitätswelt eingebunden. Wir betreiben teilweise bereits seit vielen Jahren an mehreren Standorten Teststrecken und Testlabore, an denen sich die Produktentwicklung der Hersteller und die Entwicklung von wiederkehrender Prüfsystematik trifft.

Was ist für Sie die größte Herausforderung der Mobilitäts- und Energiewende? Wie kann sie bewältigt werden? Und was ist der Beitrag Ihres Unternehmens zur Lösung dieser Herausforderungen?

Die größte Herausforderung besteht sicher darin, die Schnittstellen der sich verändernden Prozesse und Produkte zu bewältigen. Wir entwickeln dazu neue Prüfmethoden und leisten dazu in unserem Technologiezentrum in Klettwitz direkt am Lausitzring eigene Forschungsarbeit. Denken Sie dabei nur an die Entwicklung von Fahrassistenzsystemen bis hin zum autonomen Fahren. Da hat DEKRA in Deutschland einzigartige Möglichkeiten geschaffen, Fahrzyklen nachzubilden und Sicherheitsaspekte schon in den verschiedenen Stufen der Entwicklung neuer Technologien zu evaluieren. Darüber hinaus leisten wir wichtige nationale und internationale Gremienarbeit für die mit den Mobilitätsveränderungen einhergehende Vorschriftenentwicklung, beispielsweise bei der CITA (International Motor Vehicle Inspection Committee) oder auch dem DVR (Deutscher Verkehrssicherheitsrat).

Welche Vorbilder im Bereich der Mobilität (Unternehmen, Personen, Best Practice) beeindrucken Sie gerade besonders und warum? 

DEKRA verleiht den VISION ZERO AWARD und das nun bereits zum sechsten Mal. Damit wurde am 15.11.2022 in Brüssel der Erfolg der finnischen Stadt Mikkeli gewürdigt, die in neun(!) aufeinanderfolgenden Jahren von 2012 bis 2020 keinen einzigen Verkehrstoten im Innerortsverkehr zu verzeichnen hatte. Für die interaktive Online-Weltkarte unter www.dekra-vision-zero.com werten die DEKRA Experten kontinuierlich die jeweils neuesten verfügbaren Unfallstatistiken aus. Für insgesamt 26 Länder in Europa, Amerika, Asien und Ozeanien verzeichnet die Karte diejenigen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern, die seit 2009 in mindestens einem Jahr das Ziel von null Verkehrstoten erreicht haben. Mikkeli hat rund 54.000 Einwohner. Solche Entwicklungen sind nur zu erreichen, wenn entsprechende Konzepte erarbeitet und mit viel Energie umgesetzt werden, das finde ich sehr bemerkenswert.

Hamburg ist Europas Hauptstadt der Mobilität und vereint wie keine andere Stadt die Mobilität zu Lande (Straße und Schiene), zu Wasser und in der Luft. Worauf freuen Sie sich besonders bei HEY/HAMBURG?

Wir wollen es schaffen, dass sich unser Präventionsansatz für Sicherheit verstärkt im Bewusstsein aller Verkehrsteilnehmenden verankert. Dazu ist es erforderlich, dass sich die Menschen, Unternehmen, Verbände, Vereine und Politik so vernetzen, dass sich Mobilität zu einem festen, positiv besetzten Bestandteil unseres gesellschaftlichen Handelns weiterentwickelt. Und vor allen Dingen müssen wir es schaffen, Vorzeigeprojekt zur Prävention sichtbar zu machen.

Ich denke da an die zu dem Zeitpunkt der Durchführung der Aktion siebenzügigen Grundschule in Hamburg-Harburg, wo das sogenannte “Elterntaxi“ sowohl den Vertretern der Ordnungsbehörden, als auch den Vertretern der Schulbehörde aufgrund immer wieder auftretender Unfälle und Beinaheunfälle schwer im Magen lag. Wir haben dann zusammen mit den Präventivlehrern der Polizei eine Veranstaltung durchgeführt, bei der aufgeblasene, übergroße Fahrzeuge, sogenannte “Gulliver-Autos“ aufgestellt wurden, die insbesondere den Eltern aufgezeigt haben, in welcher riesigen Dimension ihre Sprösslinge eigentlich ein Auto in ihrem jungen Alter wahrnehmen. Viel besser ist es natürlich, den Schülerinnen und Schülern einen Schulweg ohne “Elterntaxi“ zu ermöglichen! Daher freue ich mich insbesondere auf viele gute neue Ideen, die wir dann nicht nur analysieren und besprechen, sondern uns mit dem sich weiterentwickelnden Netzwerk auch aktiv umsetzen.

Was war Ihre erste Erinnerung oder Erfahrung im Bereich Mobilität? Was hat Sie nachhaltig geprägt?

Als mein Sohn seinen ersten Roller bekommen sollte, war zu überlegen, wie mit dem Helmtragen umzugehen ist. Ich habe mich kurzerhand entschlossen, die Rollerphase meines Sohnes ebenfalls rollerfahrend zu begleiten und wir haben dann zu dritt, meine Frau, mein Sohn und ich, ein Fahrradgeschäft aufgesucht und DREI neue Fahrradhelme erworben. Ich bin dafür durchaus belächelt worden, vor allen Dingen, wenn wir zu zweit unseren Mobilitätsdrang behelmt und rollerfahrend durch die Spielstraße ausgelebt haben. Diese Vorbildaktivität, die wir als Eltern geleistet haben, hat zu einem Selbstverständnis von “Helm auf“ und “Helm ab“ geführt, dass auch die Pubertätsphase schadlos überstanden hat. Hier werbe ich jederzeit um das erforderliche Elternbewusstsein hinsichtlich ihrer phänomenalen Wirkung des Vorbildverhaltens.


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