Lutz Leif Linden im HEY/HAMBURG Interview: „Mobilität hat einen fundamentalen Stellenwert für eine gelebte Demokratie.“
In unserem Interview mit Lutz Leif Linden erfahren wir unter anderem, wie wichtig Mobilität für unser funktionierendes Leben als Gesellschaft ist. Lutz Leif Linden ist Generalsekretär des diesjährigen Partners von HEY/HAMBURG, dem Automobilclub von Deutschland e.V. – darüber hinaus ist er Geschäftsführer der AvD Wirtschaftsdienst GmbH.
Wie definieren Sie Mobilität? Was bedeutet Mobilität für Sie bzw. für Ihr Unternehmen?
„Für mich bedeutet Mobilität zügig, sicher und komfortabel von A nach B zu kommen. Und zwar ohne großen Planungsaufwand, sondern auch spontan dann, wenn ich das möchte. Mobilität ermöglicht es den Menschen, räumliche Distanzen in angemessener Zeit zu überwinden. Unabhängig vom körperlichen Zustand und dem Alter ermöglicht Mobilität den Menschen mit Freunden, Familien und geschäftlichen Partnern unmittelbar in Kontakt zu bleiben sowie mit neuen Menschen in Kontakt treten zu können. Wie sehr sich Menschen nach diesen „echten“ Begegnungen sehnen, haben wir alle in Folge der verschiedenen Lockdowns bemerkt. Zudem versetzt Mobilität die Menschen in die Lage, Bildungs-, Kultur- und Sport-Einrichtungen aufzusuchen und zu nutzen. Mobilität hat damit einen fundamentalen Stellenwert für eine gelebte Demokratie und ist essenziell für unser Leben in Frieden und Freiheit. Für den AvD ist Mobilität der Kern seiner Aktivitäten. Wir sind 24/7 für unsere Mitglieder da und sichern ihre Mobilität ab.“
Was ist für Sie die größte Herausforderung der Mobilitätswende? Wie kann sie bewältigt werden?
„Die größte Herausforderung sehe ich in der bestmöglichen Vernetzung aller Verkehrsträger, damit die Menschen komfortabel, zeiteffizient und nachhaltig ihre individuellen Mobilitätsbedürfnisse umsetzen können. Diese Vernetzung muss frei sein von ideologiegesteuerten Einschränkungen bei der Wahl des Verkehrsträgers und von jeglicher Limitierung der Bewegungsfreiheit.“
Worin bestehen die größten Mobilitäts-Herausforderungen für Ihre Branche?
„Gemeinsam mit unseren Partnern müssen wir nicht nur mit der immer schnelleren technischen Entwicklung Schritt halten, auch unser Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern zeigt ein steiles Wachstum. Dabei dürfen wir die Kostenseite nicht aus den Augen verlieren, damit wir unsere Pannendienst-Leistungen und weiteren Services auch in Zukunft zu einem attraktiven Preis anbieten können.“
Welche Mobility Best Cases beeindrucken Sie gerade ganz besonders und warum?
„Da fallen mir spontan die schnellen ICE-Verbindungen zwischen Frankfurt und Köln, Hamburg und Berlin sowie Stuttgart und Frankfurt ein oder auch die Hopp-on/Hopp-off-Fährverbindungen der HADAG in Hamburg. Denn ausgerichtet am Nutzen der Kunden optimieren sie entweder die Reisezeit oder machen die Mobilität einfacher. Die genannten Beispiele machen zudem deutlich, dass noch längst nicht alle Potenziale der „Old School“-Mobilität ausgeschöpft sind.
Weil diese Beispiele aber weder etwas mit einer Mobilitätswende zu tun haben noch die Vorteile einer voranschreitenden Digitalisierung nutzen, bin ich zugleich einigermaßen konsterniert. Denn in Verbindung mit den beiden Begriffen Mobilitätswende und Digitalisierung höre ich zwar immer wieder ambitionierte Ideen und hochtrabende Visionen. In der Praxis entpuppen sich diese Ansätze dann jedoch als schon längst existierende Konzepte, denen lediglich eine moderne, peppige Aufmachung verpasst wurde. Unter dem Strich bleibt allenfalls ein magerer Nutzengewinn für den Menschen. Ich vermisse die wirklich neuen Ansätze, die einen relevanten Unterschied machen und die individuelle Mobilität auf ein neues Niveau heben. Vielleicht gibt es die ja bereits und wurden bisher aber zu zaghaft umgesetzt, als dass ich sie hätte bemerken können.“
Wo steht Ihre Branche/Ihr Unternehmen in puncto Mobilität in 5 Jahren?
„Wir werden sicherlich mehr mobile Ladeeinrichtungen haben und auch gezwungen sein, mehr liegengebliebene Fahrzeuge aufzuladen und in eine Werkstatt zu transportieren, weil sie nicht mehr ambulant am Straßenrand zu reparieren sind. Schon heute sind Elektrik und Elektronik mit einem Anteil von fast 50 Prozent die mit großem Abstand häufigsten Pannenursachen. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die wachsende Verbreitung von Autos mit elektrischen Antriebskomponenten diesen Anteil weiter ansteigen lassen wird. Sicher ist aber auch, dass wir beim AvD auch in fünf Jahren zu jeder Tages- und Nachtzeit für unsere Mitglieder zur Verfügung stehen und als Berater und Vermittler von Mobilitätsdiensten unterstützen werden. Auch werden wir weiterhin als Netzwerker zwischen Shared-Mobility-Anbietern, Parkraumbewirtschaftern, Stromanbietern usw. für unsere Mitglieder tätig sein. Außerdem wird der AvD ganz gewiss über die Mitte des Jahrzehnts hinaus zum Schutz der Verbraucher die Autofahrer gegenüber Behörden, politischen Interessenvertretungen und anderen privatrechtlichen Organisationen vertreten und ihren Interessen eine Stimme geben.“
HEY/HAMBURG und Hamburg als Stadt vereint wie keine andere die Mobilität zu Lande (Straße und Schiene), zu Wasser und in der Luft. Welche Erwartungen haben Sie an die Veranstaltung und den Diskurs?
„Ich freue mich darauf, im Rahmen von HEY/HAMBURG neue Mobility Best Cases kennenzulernen, die sich nicht nur unter vordefinierten städtischen Rahmenbedingungen umsetzen lassen, sondern auch ohne großen Aufwand auf jede beliebige andere Stadt adaptierbar sind. Darüber hinaus hoffe ich Möglichkeiten kennenzulernen, die verschiedene Verkehrsträger so miteinander kombinieren, dass sie den Komfort und die Zeiteffizienz ihrer Nutzer deutlich steigern.“