Nicolà Gabriel von den Verkehrsbetrieben Zürich im HEY/HAMBURG Interview

Nicolà Gabriel von den Verkehrsbetrieben Zürich steht bei HEY/HAMBURG am 22. Juni 2023 auf der Main Stage. Vorab haben wir ihm ein paar Fragen zur Mobilität der Zukunft gestellt:

Wie definieren Sie die Zukunft der Mobilität? Und was sind die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmen und Ihre Branche?

Die Stadtzürcher Bevölkerung wächst bis ins Jahr 2040 um 19%, der Verkehr dürfte sogar noch stärker wachsen. Gleichzeitig verfolgt die Stadt Zürich ein Netto-Null-Ziel bis in gleiche Jahr. Der Autoverkehr soll reduziert werden. Hinzu kommen gesellschaftliche und technische Trends wie Sharing-Economy, Individualisierung, Multimodalität, digitale Plattformen, Elektromobilität und automatisiertes Fahren, welche bereits heute den Mobilitätsmarkt verändern. Mobilität soll ressourcenschonend erweitert und für die Benutzenden auch in Versuchsbetrieben erfahrbar gemacht werden: mit dem Ersatz von Dieselbussen durch Trolley- und Batteriebusse, mit dem Aufbau einer Mobilitätsplattform, durch nachfragegesteuerte Transportmöglichkeiten sowie mit Tests zum automatisierten Fahren. Die Mobilität der Zukunft soll schnell, sicher, leistungsfähig, zuverlässig, pünktlich, sauber, freundlich und bequem sein. 

Was ist für Sie die größte Herausforderung der Mobilitäts- und Energiewende? Wie kann sie bewältigt werden? Und was ist der Beitrag Ihres Unternehmens zur Lösung dieser Herausforderungen?

Klar, einen Teil des Verkehrs soll der Fahrradverkehr stemmen. Doch das eigentliche Rückgrat ist und bleibt der öffentliche Verkehr mit Hochleistungsachsen durch die Stadt – pünktlich, zuverlässig, sauber, schnell. Die Feinerschließung soll ergänzt werden durch individualisierte Angebote auf der Ersten und Letzten Meile. Somit werden einerseits die Digitalisierung aber auch die Schnittstellen wichtig; wie gestalten wir die Umsteigehubs? Wie stellen wir das Angebot zu Verfügung, was unsere Fahrgäste gerade brauchen?

Welche Vorbilder im Bereich der Mobilität (Unternehmen, Personen, Best Practice) beeindrucken Sie gerade besonders und warum? 

Berlin's Jelbi ist ein schönes Vorbild, wenn es um Mobilitätsplattformen und Stationen geht. Mit den 100 Stationen im Berliner Stadtgebiet wird nicht nur ein leicht auffindbares und für jeden individualisiertes Angebot geschaffen, sondern auch Ordnung auf die Bürgersteige gebracht. Die Jelbi-App ist der Schlüssel und Assistent bei der Mobilitätsplanung. Ich finde es fantastisch, in welchem Tempo sich das Projekt entwickelt!

Wo steht Ihr Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt in Bezug auf Mobilität und wo sehen Ihre Entwicklung in fünf Jahren?

Mobilität ist unser Kerngeschäft – seit 1882. Unser "Rösslitram" – unsere Pferdestraßenbahn – holen wir nur noch zu speziellen Anlässen aus dem Museum. Unsere Flotte ist modern und wird in fünf Jahren zu einem Großteil elektrifiziert sein. Das Zürcher Modell mit seinen drei Grundpfeilern – eigene Spuren für Bus und Tram, Bevorzugung gegenüber dem übrigen Verkehr und eine zentralisierte Leitstelle – wird mehr denn je eine zentrale Rolle in der Abwicklung des täglichen Verkehrs spielen. Dazu kommen attraktive Umsteigepunkte und Mobilitätsstationen. Unseren Fahrgästen wird ein moderner und digitaler Reiseassistent zur Verfügung stehen, über welchen nicht nur der ÖPNV, sondern auch sämtliche Mobilitäts- und mobilitätsnahe Angebote gebucht werden können. Und wer weiß, vielleicht können unsere Fahrgäste dann auch in ein selbstfahrendes Fahrzeug einsteigen.

Was war Ihre erste Erinnerung oder Erfahrung im Bereich Mobilität? Was hat Sie nachhaltig geprägt?

Ich stamme aus einer Familie aus LKW-und Fernbusfahrern. Meinen Großvater und meine Mutter begleitete ich auf unzähligen Speditionsfahrten als kleiner Bub. Dazu gehörte natürlich auch ein großer PKW-Fuhrpark zuhause. Vielleicht hat das in mir irgendwann eine Trotzreaktion ausgelöst; meinen Führerschein machte ich vor zwei Jahren – vornehmlich für Reisen im Ausland -, ein Auto besitze ich nicht und in meinem Job arbeite ich an vorderster Front zur Reduktion des Autoverkehrs in der Stadt.

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