Tobias Bohnhoff im HEY/HAMBURG Interview: „Ein effektiver Mix aus der Anwendung neuer Technologien und deren Verbreitung ist notwendig.“

Tobias Bohnhoff ist Co-Gründer und CEO von Appanion – einem Team aus Spezialisten für Business Intelligence Lösungen, Digitalstrategien und Machine Learning. Wir sprachen mit ihm, wie die Mobilitätswende speziell im Frachtgeschäft gelingen kann. Sein Unternehmen unterstützt beim Aufbau nachhaltiger Geschäftsmodelle. So bietet Appanion Logistik- und Produktionsunternehmen ein digitales Berechnungstool und eine Plattform zum Tracken und Reduzieren von Emissionen in Logistik-Lieferketten. Bohnhoff ist zudem einer von 70 deutschen EU-Klimabotschaftern und sieht es als seine Mission, Firmen dabei zu helfen, ihren CO2-Fußabdruck im Verkehr zu reduzieren.

Wie definieren Sie Mobilität? Was bedeutet Mobilität für Sie bzw. für Ihr Unternehmen?
Mobilität bedeutet für mich, dass sich Personen und Waren in einem geographischen Raum effizient bewegen können. Wichtig ist, dass dies nach gemeinsamen Regeln bzw. unter chancengleichen Voraussetzungen passiert. Hierfür sind Zugang, Preissetzung und Infrastruktur ganz entscheidende Leitplanken, die großen Einfluss auf soziale und ökonomische Aspekte von diesen geographischen Räumen nehmen. Für mein Unternehmen liegt der Fokus auf dem Bereich Frachttransport und somit bekommt der Raum unmittelbar ein internationales Ausmaß.

Was ist für Sie die größte Herausforderung der Mobilitätswende? Wie kann sie bewältigt werden?
Die größte Herausforderung liegt darin, einen effektiven Mix aus Anwendung neuer Technologien und deren Verbreitung zu finden, damit die Mobilitätswende gelingt. Mit Anwendung meine ich die initiale Phase, in der sich die technologische Transformation jeder einzelnen Mobilitätsform hin zu erneuerbaren Energien und damit Klimaneutralität im Markt durchsetzen muss. Da es allerdings keine Allzwecklösung für die Dekarbonisierung geben wird, ist in der zweiten Phase entscheidend lokal zu adaptieren und aus einem Portfolio skalierbarer Technologiealternativen, die richtigen Lösungen für den jeweiligen geographischen Raum und dessen spezifische Anforderungen zu finden.

Worin bestehen die größten Mobilitäts-Herausforderungen für Ihre Branche?
Fokus. Mit Blick auf die Frachtlogistik sind die Herausforderungen in den vergangenen Monaten schier unzählbar, und der Betriebsablauf durch Blockaden zentraler Handelsstraßen, Lockdowns, Fahrermangel, Krieg, Inflation und Preisunsicherheiten quasi dauerhaft im Ausnahmezustand. Hierbei die notwendigen und richtigen Entscheidungen für die Dekarbonisierung anzugehen, ist ungemein herausfordernd. Daher wären klare Planbarkeit und Verlässlichkeit von Warenversendern und Politik sowie natürlich möglichst wenig weitere externe Erschütterung aktuell die wichtigsten Hebel, um voranzukommen.

Welche Mobility Best Cases beeindrucken Sie gerade ganz besonders und warum?
Aus lokaler Perspektive in Hamburg ist sicherlich der Trend zum emissionsfreien ÖPNV ein sehr wichtiger Schritt. Die Hochbahn hat mit dem Versprechen deutlich in den CO2-neutralen Busverkehr zu investieren und hunderte Busse zu ersetzen, ein gutes Zeichen gesetzt. Dies ist vielleicht kein spektakulärer Showcase, dafür unmittelbar im operativen Alltagsbetrieb sichtbar und wirksam.

Wo steht Ihre Branche in puncto Mobilität in 5 Jahren?
Hoffentlich näher an einem 1.5°C kompatiblen Pfad als heute. Zwischen 2015, der Verabschiedung der Pariser Klimaziele, und 2020 hat sich die Logistik in puncto Emissionsbilanz leider in die falsche Richtung entwickelt. Es hatte den Anschein, als ob gar nichts verändert wurde. Mittlerweile sind die Themen Elektrifizierung, vor allem urbaner Verkehre, Biokraftstoffe und aktive Emissions-Bilanzierung zumindest in der alltäglichen Diskussion angekommen. Mein Wunsch ist, in spätestens fünf Jahren ein klares Enddatum für fossile Mobilität in Europa zu haben.

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